Gegen die Gleichgültigkeit
Es war die größte Veranstaltung des überparteiischen Bürgerbündnisses seit den Demonstrationen gegen den NPD-Parteitag vor neun Jahren.Unter die Demonstranten reihten sich auch auch etliche Vertreter der Kommunalpolitik, ebenso die beiden Landtagsabgeordneten Fadime Tuncer und Sebastian Cuny. Eine Reihe von Rednern gab der Kundgebung eine besondere Note von Vielfalt und Solidarität. So hielt Ahmet Yeter vom Verein Begegnungsbrücke eine bewegende Ansprache, in der er Weinheim und Deutschland als Heimat seiner Familie bezeichnete. Tobias Kleis, Schülersprecher des Werner-Heisenberg-Gymnasiums, berichtete von einem Besuch im Konzentrationslager Auschwitz, den er neulich mit dem Stadtjugendring Weinheim und anderen Schülern unternommen hatte. Die junge Generation müsse sich bemühen, dass die Vergangenheit und die Gräueltaten nicht vergessen werden. André de sa Pereira, Stellvertretender Vorsitzender des Stadtjugendrings, setzte sich mit der Frage auseinander, wer denn nach Ansicht der Rechten wohl ein „guter Deutscher“ sei, der kein Bleiberecht im Land haben sollte. Wie Stadträtin Stella Kirgiane-Efremidou betonte er, jeder einzelne müsse sich jetzt gegen die rassistischen Tendenzen in der Gesellschaft stellen und jenen Menschen besonderen Schutz gewähren, die sich von den Gedenkspielen der Rechten bedroht fühlen. „Es können unsere Freunde und Nachbarn, unsere Kollegen sein“, beschrieb Stella Kirgiane, die für das Bündnis „Weinheim bleibt bunt“ sprach, aber auch als Bundesvorsitzende der AG Migration und Vielfalt in der SPD.Bürgermeister Andreas Buske sprach in Vertretung des Oberbürgermeisters für die Stadt Weinheim und danke dem Bündnis „Weinheim bleibt bunt“ für die Organisation der Kundgebung. Er erinnerte an Äußerungen des Holocaust-Überlebenden Sally Perel, dessen Lebensgeschichte als „Hiterjunge Salomon“ verfilmt worden ist. Perel hatte kurz vor seinem Tod im Januar 2023 in Anbetracht das wachsenden Rechtsextremismus davon gesprochen, dass er sich jetzt an die Zeiten vor der Machtergreifung der Nazis erinnert fühlt. In Erinnerung war ihm noch gut die Gleichgültigkeit seines Umfeldes gegenüber dem drohenden Zivilisationsbruch. „Das darf nicht mehr passieren, und nicht wieder ist jetzt!, rief Buske aus. „Wachsamkeit fängt hier an, in den Städten und Gemeinden. Sie sind Orte der Wirklichkeit. Dort, wo der einzelne Mensch ungeachtet seines Glaubens oder seiner Herkunft, ein Freund, ein Nachbar, ein Vereinskamerad ist. Hier, wo wir uns in die Augen schauen und uns aufeinander verlassen können, genau hier, vor Ort, haben wir die Verpflichtung, unsere Mitmenschen zu schützen vor den menschenverachtenden Absichten. Nur wenn wir die Menschen schützen, schützen wir die Menschheit“, so Buske.„Was Ihr heute mit Eurer Anwesenheit und Zustimmung beweist, das ist das Gegenteil von Gleichgültigkeit“, bedankte sich Weinheims Pressesprecher Roland Kern bei den Teilnehmern, die gemeinsam mit Ulf „Doc“ Wittenberg zum Abschluss passende Friedenslieder sangen. (Erstellt am 20. Januar 2024)